Eine Analyse der Finanzlage der Credit Suisse im Kontext der Finanzmärkte
Bericht für den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss
des Schweizerischen Parlaments (PUK)
with Jean-Charles Rochet
Dieser Bericht analysiert die finanzwirtschaftliche Entwicklung der Credit Suisse in den Jahren vor der Notfusion und stellt das Scheitern der Credit Suisse in den Zusammenhang mit der Entwicklung an den Finanzmärkten. Zentrales Element unserer Analyse ist die Berechnung des jährlichen ökonomischen Gewinns in den Bilanzen seit 2011, der die Wertschöpfung der Credit Suisse für ihre Aktionäre abbildet. Im Zeitraum von 2011 bis 2022 vernichtete die Bank massiv und kontinuierlich Shareholder Value von insgesamt CHF 34 Mrd. und belohnte gleichzeitig die Bankmanager mit kumulierten Erfolgsprämien von CHF 40 Mrd. Eine derart umfangreiche Umverteilung von Aktionärs-vermögen an Bankmanager deutet auf ein Versagen des Verwaltungsrates hin, der die Aktionärsinteressen unzureichend beachtete. Ein langfristiges Scheitern der Credit Suisse am Kapitalmarkt war unter diesen Bedingungen wahrscheinlich.
Diese Analyse wird von der langfristigen Entwicklung der Aktienkurse bestätigt, die eine kontinuierlichen Abwärtstrend hin zu einer Minimalbewertung aufweisen. Dagegen hatten die Bewertungen von Kreditratingagenturen nur einen sehr geringen Informationswert hinsichtlich der strukturellen Probleme der Credit Suisse. Abwertungen durch die Ratingagenturen erfolgten erst im Mai 2022, als das Management die Kontrolle über die Finanzlage der Bank zunehmend verlor. Andererseits haben verschiedene Minderheits-aktionäre die strukturellen Probleme der Bank schon frühzeitig öffentlich gemacht.
Für die langfristige Finanzentwicklung fatal war letztlich auch eine unzureichende Bank- und Finanzmarktkompetenz des Verwaltungsrates. Dies verringerte die Möglichkeit, bestehende Vergütungssysteme kritisch zu hinterfragen und in Einklang mit der (fehlenden) Wert-schöpfung der Bank zu bringen. Die sogenannte „variable“ Vergütung wurde somit zu einem fixen und existenzbedrohenden Kostenfaktor, der eine adäquate Kapitalrendite für die Aktionäre unmöglich machte. Ein verstärktes regulatives Eingreifen der FINMA in den Jahren 2021 und 2022 erfolgte erst zu einem Zeitpunkt, als die Krise der Bank kaum noch kontrollierbar und revidierbar war.
Trotz der einer sich verschlechternden Finanzlage hat die Credit Suisse eine Kapitalaufnahme am Kapitalmarkt weitgehend vermieden. Eine sporadische Eigenkapitalerhöhung im Jahr 2015 erlaubte vor allem die Fortführung von Dividendenzahlungen und die Fortsetzung der hohen variablen Vergütung für das Management. Die zunehmend labile Finanzlage der Credit Suisse erforderte schliesslich das staatliches Eingreifen im März 2023.
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Der Bericht der PUK findet sich hier.